
Wegen der geringen Sonneneinstrahlung herrscht in unseren Breitengraden vor allem im Winter Vitamin-D-Mangel. Daher gibt es staatliche Empfehlungen für das Supplementieren mit Vitamin D.
Eine Studie aus dem Jahr 2014 hat die Datenlage nochmal genauer analysiert.
Das Ergebnis: Die üblichen Vitamin-D-Empfehlungen sind viel zu niedrig.
Die Ursache: Ein statistischer Interpretations-Fehler.
Oops.
Vitamin-D-Empfehlungen der DGE
In der Rubrik „Referenzwerte“ empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine Vitamin-D-Zufuhr von 20 Mikrogramm/Tag, das sind 800 internationale Einheiten oder IU.
Diese Menge soll eine Versorgung der Bevölkerung mit mindestens 50 nmol/l im Blut sicher stellen, um Gesundheits-Risiken durch Vitamin-D-Mangel zu vermeiden.
Zwei Dinge finde ich daran ziemlich krass:
Ich kenne kaum jemanden, der regelmäßig (Winter oder nicht) Vitamin D zu sich nimmt. Zugegebenermaßen nicht ein Thema, das in deutschen Kaffeeküchen an der Tagesordnung ist.
Das heißt doch: Entweder nimmt die Bevölkerung regelmäßig brav ihr Vitamin D und ich weiß es bloß nicht (das ist unwahrscheinlich) oder der größte Teil der Bevölkerung hat einen signifikanten Vitamin-D-Mangel.
Die allgemein empfohlenen Werte sind zu niedrig. Viel zu niedrig. Etwa 11x zu niedrig.
Die IOM, die Universität von Alberta und die Schwierigkeit, statistische Daten zu interpretieren.
Woher kommen eigentlich solche Empfehlungen?
Da man schlecht das Blut der Gesamtbevölkerung dauerhaft überwachen kann, ist man darauf angewiesen, statistische Studien an Probanden durchzuführen. Solche Studien helfen, Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten und der daraus resultierenden Menge im Blut zu finden. Daraus kann man Rückschlüsse auf die benötigte Menge Vitamin-D-Präparat ziehen, die für das Ziel von 50 nmol/l eingenommen werden sollten.
(Ob das Ziel 50 nmol/l zu hoch, zu niedrig oder genau richtig ist Thema für einen eigenen Artikel. Nehmen wir erstmal an, dass 50 nmol/l ein gutes Ziel ist.)
Das US-Amerikanische Institute of Medicine (IOM) gibt regelmäßig Empfehlungen für die Einnahme von Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln im Auftrag der Regierungen der USA und Kanada heraus, ähnlich wie die DGE. Ihre Empfehlung für eine tägliche Aufnahme von Vitamin D liegt bei 600 IU pro Tag, also etwas weniger als bei der DGE.
Diese Empfehlung basiert auf 10 Studien, in denen der Zusammenhang zwischen der eingenommenen Menge Vitamin D und der Menge im Blut untersucht wurde. Da es sich dabei um statistische Betrachtungen handelt, ist das Ziel der IOM ebenfalls statistisch formuliert: Mit den 600 IU soll sichergestellt werden, dass mindestens 97,5 % der Bevölkerung das Niveau von 50 nmol/l oder mehr erreichen.
2014 kam diese Studie heraus: A statistical error in the estimation of the recommended dietary allowance for vitamin D. Hierin überprüften die Wissenschaftler an der Universität von Alberta in Kanada die Berechnungsgrundlage der IOM.
Dabei fanden sie Erstaunliches heraus:

- So wie das IOM die Berechnungen durchführte, würde die Menge von 600 IU lediglich dazu führen, dass die 97,5 % der Bevölkerung im Schnitt den Vitamin D Spiegel von 50 nmol/l erreichen würden.
- „Im Schnitt“ bedeutet aber, dass die Hälfte dieser 97,5 % weniger als die Zielmenge Vitamin D im Blut hätte. Also keine Sicherstellung eines Mindestwertes, sondern lediglich eine Anhebung des Durchschnitts.
- Dazu passt eine Studie des Robert-Koch-Instituts in Deutschland, die feststellte, dass über 60 % der deutschen Bevölkerung weniger als die Zielgröße von 50 nmol/l Vitamin D im Blut hat.
Richtige Dosis Vitamin D unklar, auf jeden Fall höher
Wie viel Vitamin D muss man jetzt wirklich nehmen, damit mindestens 97,5 % der Bevölkerung auf die richtige Menge Vitamin D im Blut kommen?
Rein rechnerisch, so die Kanadier, wären auf Basis der bisher betrachteten Studien über 11 mal so viel nötig: 8895 IU berechneten sie. Allerdings handelt es sich hier lediglich um Kurven, die man entsprechend weiterverfolgt hat. Die eigentlichen Messungen enden schon bei knapp unter 2400 IU. Es gibt noch zu wenig zuverlässige Untersuchungen mit höheren Einnahmemengen, um es genau zu wissen.
Also nahmen sich die gleichen Autoren ein Jahr später diese Frage genauer vor: Optimal Vitamin D Supplementation Doses that Minimize the Risk for Both Low and High Serum 25-Hydroxyvitamin D Concentrations in the General Population. Dazu untersuchten sie die Daten von 13987 Probanden, die sowohl die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten als auch ihren Vitamin-D-Status im Blut protokolliert hatten:
- Die benötigte Menge Vitamin-D-Präparat, um die gewünschten 50 nmol/l zu erreichen, schwankte stark mit dem Gewicht: Normalgewichtige benötigten im Mittel 3094 IU, bei übergewichtigen und stark übergewichtigen Personen waren deutlich höhere Dosen Vitamin-D nötig: 4450 IU bzw. 7248 IU.
- Zwar waren die Dosen ausreichend, um 97,5 % der Probanden zu versorgen, die gleichen Dosen hätten aber bei den restlichen 2,5 % u.U. sehr hohe Werte im Blut zur Folge gehabt.
- Die Forscher schätzten daher, dass Dosen von 1885 IU, 2802 IU und 6235 IU für normal-, über- und stark übergewichtige Personen bei minimalem Risiko für eine zu hohe Dosis bei den meisten Menschen zu einer natürlichen Menge von 58 bis 171 nmol/l Vitamin D im Blut führen sollten.
Fest steht: die Empfehlungen der DGE sind wie die der IOM deutlich zu niedrig und der Vitamin-D-Status der deutschen Bevölkerung bestätigt das.
Fazit: Nehmt Vitamin D, am besten Vitamin D aus natürlichen Quellen und messt ggf. nach, um für Euch die richtige Dosis zu finden.
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Quellen:
- A statistical error in the estimation of the recommended dietary allowance for vitamin D.
- Vitamin D status among adults in Germany--results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1).
- Optimal Vitamin D Supplementation Doses that Minimize the Risk for Both Low and High Serum 25-Hydroxyvitamin D Concentrations in the General Population.
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Foto: „Two young friends whispering secrets to each other in winter“ von Unsplash-User Ben White, genutzt unter der freien Unsplash-Lizenz.
Grafik: „Dose response relationship of vitamin D intake and serum 25 hydroxyvitamin D.“ aus dem Artikel A statistical error in the estimation of the recommended dietary allowance for vitamin D., genutzt unter der CC BY 4.0-Lizenz.
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Von Constantin Gonzalez am 03.03.2018, aktualisiert: 28.10.2018 in Allgemein.
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