Paleosophie | Tipps und Hintergründe für den zivilisierten Urmenschen | von Constantin Gonzalez

Impfrisiko-Update: Neue Analysen und Antworten auf häufige Einwände

Mein Impfzertifikat

Da das Thema COVID-19-Impfung und der letzte Artikel dazu doch recht kontrovers diskutiert wurde, gibt es hier ein Update mit ein paar Antworten auf häufige Einwände von Impfgegnern sowie neue Analysen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert-Koch-Instituts.

Zunächst einmal: Vielen Dank für die vielen Kommentare und E-Mails nach dem letzten Artikel Sieben alltägliche Dinge, die gefährlicher sind als eine COVID-19-Impfung! Ich freue mich über jeden Kommentar und über jede E-Mail, auch über Kritisches, Danke!

Auf einige der am häufigsten angesprochenen Punkte möchte ich hier im Einzelnen eingehen, außerdem ist inzwischen ein aktualisierter Bericht des Paul-Ehrlich-Institutes zu den beobachteten COVID-19-Impfnebenwirkungen eingegangen, sowie eine Analyse des Robert-Koch-Instituts zu den Auswirkungen der Impfkampagne. Doch alles der Reihe nach und der Länge wegen samt Zusammenfassung und Inhaltsverzeichnis:

Inhalt

  1. Zusammenfassung
  2. Daten vs. Kausalität vs. Wissen
  3. Ist Impfen Paleo?
  4. Alternativ ist nicht automatisch besser
  5. „Aber die COVID-19-Impfstoffe sind ja gar nicht richtig zugelassen!“
  6. „Aber diese mRNA- und Vektor-Impfstoffe basieren auf neuen Technologien, die nicht ausreichend getestet wurden!“
  7. „Aber COVID-19 ist ja gar nicht so schlimm, wie sie alle behaupten, und die Herdenimmunität wird alles richten!“
  8. „Ach komm, das sind doch alles Lügen von der Regierung/der Industrie/wemauchimmer, die echten Daten stehen doch hier, usw.“
  9. Der aktualisierte Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts
  10. Der aktuelle Bericht des Robert-Koch-Instituts samt Impf-Modellierung
  11. Fazit

Zusammenfassung

  • Statistiken sagen uns nur, was passiert ist, sie sagen uns nicht warum. Um Ursache und Wirkung zu verstehen, brauchen wir zusätzlich ein Kausalmodell.
  • „Paleo“ bedeutet nicht: „Zurück auf die Bäume“. Vielmehr geht es darum, Evolution und Menschheitsgeschichte als Modell zu nutzen, um moderne Wissenschaft jenseits von Statistik besser zu verstehen.
  • Bloß weil etwas „anders“ oder „alternativ“ ist, ist es nicht automatisch besser. Das meiste, was „Mainstream“ ist, ist auch gut.
  • Vorsicht bei alternativen Impf-Theorien, diese sollte man genau nachrecherchieren: Oft werden wenig relevante Zweifel anhand von Detailbetrachtungen gestreut, oder es wird Korrelation mit Kausation verwechselt, oder es wird die Datenlage (bewusst oder unbewusst) so gefiltert, dass etwas bestimmtes herauskommt. Lackmus-Test: Was ist plausibler, dass weltweit Herden von Wissenschaftlern aus -zig Ländern versuchen, das Richtige zu tun, oder das nur einige wenige die „Wahrheit“ kennen und es schaffen, den größten Teil der Bevölkerung hinters Licht zu führen?
  • Die vier in Deutschland und der EU zugelassenen Impfstoffe sind – auch wenn es sich um bedingte, beschleunigte Zulassungen handelt – gut verstanden und genau überwacht. Der BioNTech Pfizer Impfstoff hat in den USA inzwischen eine reguläre Zulassung bekommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das für diesen und andere Impfstoffe auch in der EU erfolgt.
  • Der neueste Bericht des Paul-Ehrlich-Institutes ergibt, dass von 1254 gemeldeten Verdachtsfällen mit Todesfolge nach Impfung lediglich 48 Fälle (3,8 %) möglicherweise auf die Impfung zurückgeführt werden können. Insgesamt gehen Todesfälle nach Impfung im Grundrauschen der allgemeinen Sterblichkeit in der Bundesrepublik unter.
  • Der neueste Bericht des Robert-Koch-Institut hat mithilfe aktueller Zahlen und eines detaillierten Kausalmodells, das unterschiedliche Stadien, Altersgruppen, Impfstoffe, Impfquoten und Anzahl der Impfungen (Erst- vs. Zweitimpfungen) berücksichtigt, gezeigt, dass die Impfkampagne bisher mehr als 38.300 Sterbefälle verhindert hat.

Daten vs. Kausalität vs. Wissen

Wie so oft werden häufig Korrelationen mit Kausalitäten verwechselt und das geschieht leider auch im Zusammenhang mit COVID-19 und Impfungen.

Kurz zusammengefasst:

  • Wenn der Hahn zum Sonnenaufgang kräht, dann ist das eine Korrelation: Zwei Dinge werden in etwa zur gleichen Zeit beobachtet.

    Das sagt jedoch nichts darüber aus, warum der Hahn kräht oder die Sonne aufgeht. Ein/e Statistiker/in kann zwar in den Daten sehen, dass beide Ereignisse einen zeitlichen Zusammenhang haben. Aber Statistik alleine kann niemals zeigen, ob der Hahn kräht, weil die Sonne aufgeht, oder ob die Sonne aufgeht, weil der Hahn kräht. Vielleicht gibt es auch einen dritten, gemeinsamen Faktor, der sowohl den Hahn zum Krähen ermuntert, als auch die Sonne aufgehen lässt.

    Auch in Zeiten von Big Data, maschinellem Lernen oder höherer Mathematik gibt es keinen Weg aus korrelierten Daten alleine zu erkennen, welches Ereignis eine Ursache für ein anderes Ereignis ist.

  • Nur durch gezielte Experimente und/oder einem klaren Modell von Ursache und Wirkung kann man aus Daten Wissen erzeugen, das einem erklärt, wie Dinge funktionieren.

    Bei den Hähnen haben z. B. Wissenschaftler herausgefunden, dass Hähne eine innere Uhr haben müssen, die sie dazu bringt, morgens zu krähen. Das ist sogar unabhängig von der Sonne: Die Beobachtung, dass der Hahn morgens bei Sonnenaufgang kräht, ist einfach nur das Ergebnis eines dritten Faktors, der gleichzeitig den Hahn und die Sonne kontrolliert: Der 24-Stunden-Rhythmus der Erde, der beides beeinflusst.

  • Daten und Statistiken sind also wertlos, wenn man dazu kein Modell hat, das erklärt, wie die Dinge kausal zusammenhängen und das alle wesentlichen Faktoren berücksichtigt, die als Ursache infrage kommen. Je besser die Datenlage und je besser das Modell, umso besser können wir verstehen, was passiert und aus Daten und Modell Wissen schöpfen.

Kurz gesagt: Statistiken sagen uns nur, was passiert ist, sie sagen uns nicht warum.

Wer die ganze Geschichte dazu studieren möchte: Ich kann dazu das Buch The Book of Why: The New Science of Cause and Effect (Penguin Science) (English Edition)* von Judea Pearl (leider nur auf Englisch erhältlich) sehr empfehlen!

Warum das Ganze und was hat das mit Impfungen zu tun?

  • Impfungen gibt es schon seit hunderten von Jahren: Man bekommt etwas gespritzt, was das Immunsystem dazu bringt, Antikörper gegen ein Virus zu bilden, damit es für den Ernstfall trainiert ist. Dabei gibt es viele alte und neue Mittel und Wege, diesen Effekt zu produzieren (siehe unten), aber das Grundmodell der Impfung ist einfach: Impfungen trainieren das Immunsystem für den Ernstfall.

    Impfung -> bessere Abwehrkräfte

    Wer dagegen geimpft ist, hat ein geringeres Risiko, sich mit COVID-19 anzustecken, an COVID-19 zu erkranken und (falls doch erkrankt), bleibende Schäden davonzutragen oder zu sterben. Das ist jedoch nicht schwarz/weiß: Eine Impfung wirkt nie zu 100 % und so gibt es je nach Impfstoff und COVID-Mutation unterschiedliche Erfolgsquoten. * Natürlich gibt es auch einen mögliche kausalen Zusammenhang zwischen einer Impfung und Nebenwirkungen:

    Impfung -> Nebenwirkungen (inkl. Tod)

  • Beide Kausalzusammenhänge sind theoretisch möglich. Also impfen, oder nicht? Erst jetzt fangen Daten an, uns zu helfen: Die sagen uns nämlich (jetzt wo wir ein Modell haben), wie stark die Pfeile in unseren Modellen sind. Ist die Verbesserung der Immunabwehr stärker als das Risiko, durch eine Impfung zu sterben? Und hier sagt uns die Statistik, dass der positive Effekt der Impfung viel, viel stärker ist, als die möglichen Nebenwirkungen.

Ist impfen „Paleo“?

Ob das „Paleo“ ist oder nicht ist mir dabei völlig egal. Ich interessiere mich für das, was funktioniert und möchte verstehen, warum.

„Paleo“ als Gedankenmodell bedeutet: Der Mensch ist das Ergebnis eines Millionen Jahre alten Prozesses und daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass Dinge, die der Mensch über Millionen von Jahren erfolgreich gegessen, gemacht oder erfahren hat, wie z. B. Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse zu essen, barfuß zu laufen etc. „schädlich“ sein sollen. Dieses Modell ist ein nützliches Werkzeug, um moderne Ernährungstheorien zu testen und die Daten dazu zu verstehen. Die Paleo-Idee ist für mich ein Weg, gute Modelle zu finden, die menschliche Ernährung erklären und verständlich machen können und die mir helfen, die Daten- und Studien-Lage besser zu verstehen, einzuordnen und dabei die Spreu vom Weizen zu trennen.

Paleo heißt jedoch nicht, dass wir zurück auf die Bäume gehen sollen und auf Impfung verzichten sollten. Das wäre dämlich.

Der Mensch hat seit Millionen von Jahren ein fantastisches Immunsystem und die neuzeitliche Erfindung des Impfens ist lediglich das Training des gleichen Immunsystems, um die Überlebenschancen zu verbessern. Das ist alles.

Felix Olschewski vom Urgeschmack-Blog hat vor kurzem dazu seine eigenen Gedanken aufgeschrieben: Ist Impfen Paleo?

„Alternativ“ ist nicht automatisch „besser“

Einige Kommentare und E-Mails zeigten sich enttäuscht darüber, dass ich auf der einen Seite alternative Meinungen zu Ernährung, Lifestyle, etc. vertrete, aber beim Thema „Impfung“ mich „dem Mainstream“ oder „öffentlichem Interesse“ unterordnen würde.

Der Grund ist einfach: Nur weil etwas „alternativ“ oder „anders als der Mainstream“ ist, ist es nicht automatisch besser. Es ist richtig und wichtig, wenn man Dinge hinterfragt und sich eine eigene Meinung bildet, aber das heißt nicht, dass diese Meinung immer „anders“ sein muss.

Im Gegenteil: Das meiste, was „Mainstream“ ist, ist richtig und gut! Obst und Gemüse sind toll, auch wenn die DGE sie empfiehlt. Ohne moderne Medizin, Technik, Wissenschaft, Wirtschaft wären wir als Menschheit echt schlecht dran und die ist sehr „Mainstream“.

Tatsächlich hat sich die Lebenserwartung der Menschheit in den letzten 100 Jahren dramatisch verbessert. Trotz Katastrophen, Skandale, Kriege, Irrtümer und allem möglichen geht es uns als Menschheit besser als vor 10, 100, 1.000, 10.000, 100.000 und 1.000.000 Jahren. Moderne Wissenschaft und Technik finde ich echt gut, auch wenn manchmal etwas in die falsche Richtung läuft und dann korrigiert werden muss. Das gehört zum kollektiven Lernprozess der Menschheit dazu.

Es gibt viele „alternative“ Sichtweisen, die ich ausdrücklich nicht teile. Zum Beispiel halte ich nicht viel von Homöopathie, weil das Modell des Placebo-Effektes alleine ausreicht, um die positiven Beobachtungen (also die Datenlage) im Zusammenhang mit Homöopathie zu erklären. Alles weiteren Erklärungen konnten nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden.

Beim Thema COVID-19-Impfungen bin ich „Mainstream“, weil das wissenschaftlich Sinn ergibt. Ich finde es sogar peinlich, dass wir in Deutschland, dem Land Robert Kochs, einer der Begründer der Epidemiologie, so viele Impfgegner haben. Eigentlich sollten wir Weltmeister im Impfen sein!

„Aber die COVID-19-Impfstoffe sind ja gar nicht richtig zugelassen!“

Doch.

Die vier in Deutschland verfügbaren Impfstoffe sind offiziell in Deutschland und in der EU zugelassen. Beide Zulassungsprozesse sind öffentlich und transparent dokumentiert.

Allerdings handelt es sich hier aufgrund der aktuellen Gefahrenlage um bedingte, beschleunigte Zulassungen.

Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat vor kurzem den BioNTech/Pfizer-Impfstoff auch offiziell und ganz normal zugelassen. Er ist also nicht mehr „nur bedingt“ erhältlich, sondern genauso rigoros und gründlich getestet und für gut befunden wie jeder andere Impfstoff auch.

Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Impfstoff auch in der EU und in Deutschland eine „echte“ Zulassung bekommt und andere Impfstoffe nachfolgen.

„Aber diese mRNA- und Vektor-Impfstoffe basieren auf neuen Technologien, die nicht ausreichend getestet wurden!“

Achtung Denkfehler! Nur weil etwas „neu“ oder „nicht ausreichend getestet“ ist, ist es nicht automatisch schlecht.

Alles was heute „bewährt“ und „ausgiebig getestet“ ist, hat mal als „neu“ und „nicht ausreichend getestet“ angefangen.

Frühe Kritiker der Eisenbahn waren der Meinung, dass der menschliche Körper einfach nicht dafür geschaffen war, so schnell fortbewegt zu werden und dass er deswegen während einer schnellen Bahnfahrt Schaden erleiden würde. Das hat sich jedoch nicht bewahrheitet.

Die kürzliche, offizielle, also nicht-Notfall-Zulassung des BioNTech/Pfizer-Impfstoffes in den USA zeigt, dass dieser Impfstoff sehr wohl „ausreichend getestet“ wurde.

Grob vereinfacht haben die neueren Technologien der mRNA- und Vektor-Impfstoffe gegenüber den älteren Impfstoffen einen für mich entscheidenden Vorteil: Sie sind von Grund auf so konstruiert, dass sie das zu tun, was sie sollen. Dadurch hat man einen präziseren und zuverlässigeren Einfluss auf die Produktion und die Wirkung des Impfstoffes. Das bedeutet, dass sie schneller produziert und besser arbeiten können, als traditionelle Impfstoffe. Aktuelle Erfahrungen geben dem recht.

Sowohl bei mRNA- als auch bei Vektor-Impfstoffen sorgt der Impfstoff dafür, dass die Muskelzellen, in die er injiziert wurde, die sog. Spike-Proteine selbst produzieren, an denen das Immunsystem das Virus erkennen kann. Das ist effektiver, als Virus-Bruchstücke zu injizieren und kommt dem echten Prozess der Infektion näher. Das Immunsystem wird dadurch besser trainiert. Während beim Vektor-Impfstoff ein harmloses Virus als Transport-Vektor entsprechend „umgebaut“ wurde, umgeht ein mRNA-Impfstoff das Virus als Mittel-zum-Zweck und liefert die Bauanleitung für die Spike-Proteine direkt an die Zelle in Form von vorgefertigter mRNA.

Wichtig: Sowohl mRNA- als auch Vektor-Impfstoffe verwenden Stoffwechsel-Vorgänge in der Zelle, die täglich milliardenfach zum ganz normalen Zellenleben dazu gehören. Jedes banale Schnupfenvirus bricht in Körperzellen ein und impft sie mit der eigenen DNA, um viele weitere Schnupfenviren zu produzieren. mRNA- und Vektor-Impfstoffe tun ähnliches, aber auf eine besser verstandene und bessere kontrollierbare Art und Weise, im Fall von mRNA-Impfstoffen sogar ganz ohne Virus.

Als Informatiker hat mich vor allem der mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer interessiert: Er funktioniert nämlich genauso wie ein Computerprogramm!

Erinnert Ihr Euch noch an den Artikel Das Leben ist eine Maschine? Dort sieht man sehr anschaulich in Form von Computeranimationen, dass die Vorgänge in den Körperzellen viele Parallelen zu Maschinen und Robotern haben: Dabei verhält sich DNA wie ein Computerprogramm auf einer Festplatte, das von der Zelle in die entsprechende mRNA „geladen“ wird, die dann wie ein Lochstreifen durch die Mitochondrien verarbeitet wird, die aus dem mRNA-Bauplan Proteine herstellen.

Im Artikel Dekonstruktion des Programmcodes des BioNTech/Pfizer SARS-CoV-2 Impfstoffes (deutsche Übersetzung) hat der Software-Entwickler Bert Hubert den mRNA-Code des BioNTech/Pfizer-Impfstoffes unter die Lupe genommen und stückweise kommentiert. So kann man genau verstehen, was der mRNA-Impfstoff in der Zelle tut und wie. Sehr lesenswert!

„Aber COVID-19 ist ja gar nicht so schlimm, wie sie alle behaupten, und die Herdenimmunität wird alles richten!“

Ja, es gibt schlimmere Viren als COVID-19. So wurde vor kurzem das sog. Marburg-Fieber in Guinea nachgewiesen. Gegen dieses Virus sieht COVID-19 aus wie ein Kindergarten-Schnupfen, also hoffen wir mal sehr, dass es sich nicht verbreitet.

COVID-19 ist schlimm genug, dass es die Intensivstationen der Krankenhäuser an ihre Grenzen bringen kann. Wohlgemerkt: Wenn es keine Intensivbetten mehr gibt, können wir niemandem mehr helfen, die/der in die Intensivstation muss, egal um welche Krankheit es sich handelt. Mitte August waren die Intensivbetten für Kinder im Großraum Dallas, Texas komplett aufgebraucht. Den Kindern, die kein Intensivbett bekommen haben hilft auch keine Herdenimmunität mehr.

In meinem Bekanntenkreis wurde mir von mehreren Fällen berichtet, bei denen Leute in meinem Alter oder jünger viele Wochen in der Intensivstation verbringen mussten und seither immer noch mit Spätfolgen zu kämpfen haben. Das sog. „Long COVID“ ist Realität und kann auch Kinder und Erwachsene betreffen, die ein junges und starkes Immunsystem haben.

Aus meiner Sicht ist COVID-19 also gefährlich genug, um eine weltweite Impfkampagne und eine beschleunigte Zulassung von Impfstoffen zu rechtfertigen, auf eine natürliche Herdenimmunität möchte ich eher nicht warten müssen.

„Ach komm, das sind doch alles Lügen von der Regierung/der Industrie/wem auch immer, die echten Daten stehen doch hier, usw.“

Achtung, auch hier muss man aufpassen: Ja, es ist wichtig, viele Quellen zu vergleichen.

Und so habe ich in meinem vorherigen Artikel meine Berechnungen aufgrund der Daten aus dem Paul-Ehrlich-Institut mit einer Studie aus den USA verglichen, um zu überprüfen, ob sie plausibel sind. Andere, internationale Quellen liefern ähnliche Daten, passt also.

Allerdings sollte man darauf achten, woher die Daten kommen, welche Qualität sie haben und nach welchen Methoden sie gesammelt wurden.

Die besten Daten, die wir haben, sind die Daten vom Paul-Ehrlich-Institut, die der europäischen EMA-Behörde und die Daten der US-Amerikanischen Gesundheitsbehörde. Die Welt schaut darauf und Kohorten von Wissenschaftlern analysieren diese Daten, um zu verstehen, wie die Impfung sich auf die Bevölkerung auswirkt. Da ist es eher schwierig, zu fälschen.

„Das ist doch alles Lug und Trug, hier in diesem Artikel/auf Facebook/auf YouTube oder diesem Artikel ist die echte Wahrheit!“, hör ich dann.

Hier hilft Ockhams Rasiermesser, um sich zu orientieren. Ockham würde fragen: Was ist die einfachere Erklärung?

  • Dass Forschungsgruppen in der Mehrheit der zivilisierten Welt große Menge Daten über Impfverläufe sammeln, das Virus und die Impfstoffe analysieren und daraus nachvollziehbare Studien produzieren? Oder:
  • Irgendeine Organisation manipuliert unerkannt die Mehrheit der zivilisierten Welt samt Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft, Bloggern und sowieso fast alle, und nur einige Wenige kennen die Wahrheit?

Das eine klingt plausibel und sehr wahrscheinlich. Das andere klingt eher nach einem schlechten Hollywood-Film.

Sicher sind Behörden, die Wirtschaft und auch ich nicht perfekt. Aber die einfachere Erklärung für mich ist schlicht die, dass in den Daten internationaler Behörden genug Wahrheit steckt und dass das Virus und die Impfstoffe gut genug verstanden sind, um anzunehmen, dass es viel, viel besser ist, sich zu impfen, als darauf zu hoffen, dass man sich nicht ansteckt.

Dass irgendein Komplott oder eine geheime Organisation in der Lage wäre, weltweit alles Mögliche unter Kontrolle zu bringen, um eine „COVID-Lüge“ zu verbreiten, ist einfach nicht plausibel.

Liebe Leser, wenn Ihr schon Verschwörungstheorien lesen wollt, dann bitte richtig: Für mich ist Fefes Blog die beste Quelle, um zuverlässig und kompetent über alle aktuellen alternativen und verschwörerischen Trends bestens informiert zu sein. Dort gibt es auch jede Menge unterhaltsames zum Thema COVID-19 zu lesen. Aber Vorsicht: Nur mit einem ausreichenden Grad an Medienkompetenz zu genießen. Achtung Ironie: Wollt Ihr den aktuellsten Trend nicht verpassen? Dann deckt Euch schon mal mit Ivermectin ein.

Der aktualisierte Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts

Kommen wir jetzt zu seriöseren Themen, nämlich dem neuen Sicherheitsbericht 27.12.2020 bis 31.07.2021 des Paul-Ehrlich-Institutes.

Gegenüber dem letzten Artikel über Impf-Risiken, bei dem der Bericht lediglich Daten bis zum 30.06.2021 berücksichtigt hatte, gibt es zwei Neuigkeiten:

  1. Es sind mehr Todesfälle im Zusammenhang mit Impfungen bekannt geworden, es wurden aber auch mehr Impfungen verabreicht.
  2. Die gemeldeten Todesfälle wurden nun genauer untersucht, um festzustellen, ob die Impfung tatsächlich eine Ursache gewesen sein könnte, oder ob sie nur zufällig in einem zeitlichen Zusammenhang aufgetreten sind. (Korrelation vs. Kausation, Yay!)

Diesmal zählte das Paul-Ehrlich-Institut insgesamt 1254 Verdachtsfälle mit Todesfolge nach einer COVID-19-Impfung. Gegenüber den 698 Verdachtsfällen im vorherigen Bericht ist das fast eine Verdoppelung. Nun wurden seitdem mehr Bundesbürger geimpft (92.376.787 Impfungen gegenüber 74.871.502 im vorherigen Bericht). Dennoch steigt die Zahl von gemeldeten Todesfällen pro Impfung von etwa 9 gemeldeten Todesfällen pro Million Impfungen auf knapp 14 gemeldete Todesfälle pro Million Impfungen, also gut die Hälfte mehr.

Sind das jetzt gute Nachrichten für die Impfgegner und das Ende der Impfkampagne?

Mitnichten: Auch mit 14 gemeldeten Todesfällen pro Million Impfungen wäre das Sterberisiko unter den Geimpften immer noch weit niedriger als unter den Ungeimpften.

Wohlgemerkt: wäre. Viel wichtiger ist nämlich die Frage: Sind die gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit einer Impfung wirklich Fälle, bei denen die Impfung die Ursache gewesen ist? Oder reden wir hier von Todesfällen, die ganz andere Ursachen hatten und wo nur zufällig ein zeitlicher Zusammenhang besteht?

Es ist nämlich so, dass alle Datenbanken, die Verdachtsfälle über Nebenwirkungen für Impfungen sammeln, darauf beruhen, dass die Geimpften selbst (oder ihre Verwandten, behandelnden Ärzte, wer auch immer, etc.) die Fälle melden. Auf der einen Seite ist das gut so, denn wir wollen alle Daten haben, die wir kriegen können. Auf der anderen Seite kann man ohne genaue Rückverfolgung kaum beurteilen, ob eine gemeldete Nebenwirkung wirklich aufgrund der Impfung eingetreten ist, oder es sich nur um einen Zufall handelte.

Wer also berechnen will, wie „gefährlich“ Impfungen wirklich sind, darf hier nicht darauf hereinfallen, dass Statistiken über Impfnebenwirkungen zunächst mal nur reine Datenerhebungen von Ereignissen sind, die lediglich in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stehen – dabei muss jedoch die Impfung nicht der Grund gewesen sein.

(Ja, genau das hatte ich in meinem vorherigen Artikel gemacht, und zwar um aufzuzeigen, dass das Risiko beim Impfen auch bei ungefilterten Verdachtsdaten sehr niedrig ist.)

Besonders interessant ist dieses Mal, dass das Paul-Ehrlich-Institut jetzt die Todesfälle (und viele andere gemeldete schwerwiegende Nebenwirkungen) genauer zurückverfolgt hat. Das Ergebnis: Nur in 48 von den gemeldeten 1254 Todesfällen halten die Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts die Impfung als Todesursache für möglich oder wahrscheinlich.

Zusätzlich hat das Institut die gemeldeten Todeszahlen nach Impfung mit den „normalen“ Sterblichkeitsraten des Statistischen Bundesamts in einer sog. „Observed vs. Expected“-Analyse verglichen. Das heißt: Wenn wir den/die statistische/n Bundesbürger/in betrachten und seine/ihre normale Wahrscheinlichkeit im beobachteten Zeitraum zu sterben, inwiefern ändert sich diese Wahrscheinlichkeit für diejenigen, die geimpft wurden?

Das Ergebnis (Zitat):

Basierend auf Daten des Statistischen Bundesamts (abgerufen am 04.08.2021) mit 982.453 Sterbefällen im Jahr 2020 bei Personen im Alter von 12 und älter bezogen auf 73.918.151 Einwohner in dieser Altersgruppe (12 Jahre und älter) in Deutschland, ergibt sich in der Observed-versus-Expected-Analyse kein Signal für eine insgesamt erhöhte Sterblichkeit nach COVID-19-Impfstoff-Gabe.

Sprich: Die Anzahl der gemeldeten tödlichen Verdachtsfälle nach einer COVID-19-Impfung sind statistisch betrachtet nicht von „ganz normalen“ Todesfällen unterscheidbar.

COVID-19-Impfungen sind also viel sicherer, als die gemeldeten Todeszahlen suggerieren.

Der aktuelle Bericht des Robert-Koch-Instituts samt Impf-Modellierung

„Diese Impfungen bringen doch nichts!“, ist ein weiterer Einwurf von Impf-Kritikern.

Doch, die Impfungen bringen was:

Die Analysen zeigen, dass die Impfungen gegen COVID-19 bisher geschätzt 706.000 Meldefälle, 76.600 stationäre und etwa 19.600 intensiv-medizinische Fälle sowie mehr als 38.300 Sterbefälle verhindert hat.

Das ist ein Zitat aus dem 35. Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (September 2021). Dort haben Wissenschaftler ein detailliertes Modell aufgebaut und öffentlich dokumentiert, das unterschiedliche Stadien, Altersgruppen, Impfstoffe, Impfquoten und Anzahl der Impfungen (Erst- vs. Zweitimpfungen) berücksichtigt. Also: Nicht nur Statistik, sondern auch mit einem klaren Kausalmodell dahinter.

Kann man diesem Modell trauen? Kein Modell ist perfekt und daher verglich der Bericht zunächst die Vorhersagen des Modells mit den tatsächlich gemeldeten Fallzahlen: „Damit überschätzt das Modell die Meldefälle um 13,3 % (251.118 Fälle) und unterschätzt die Sterbefälle um 3,6 % (1.675 Fälle)“, heißt es im Bericht.

Wir wissen also genau, wie sehr wir uns auf dieses Modell verlassen können (oder nicht) und zumindest bei den Todesfällen scheint es sehr gut zu funktionieren.

Fazit: Paleo heißt nicht „zurück auf die Bäume“ und COVID-19-Impfungen bleiben sinnvoll.

Statistik ist nicht einfach.

Schaut man sich die Daten näher an und geht den Fällen auf den Grund (wie im letzten Paul-Ehrlich-Institutsbericht geschehen), dann schmilzt das vermeintliche Impfrisiko weiter auf einen Wert, der kaum von der normalen Todesrate der Bundesrepublik unterschieden werden kann.

Auf der anderen Seite wissen wir jetzt auch, dass die Impfkampagne in Deutschland sehr viele COVID-19-Fälle, Hospitalisierungen und Todesfälle wirksam verhindert hat: mehr als 38.300 Bundesbürger leben heute noch, die ohne Impfung gestorben wären (95 % Prädiktionsintervall und es könnten auch bis zu 3,6 % mehr sein).

Leider kann man Daten und Studien auch ganz anders interpretieren. Impfskeptische Artikel und Studien, die z. B. auch in den Kommentaren erwähnt wurden, machen dabei häufig systematische Fehler:

  • Glaubt man, dass alle gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit einer Impfung auch durch die Impfung bedingt wurden und filtert man die Rohdaten unterschiedlich (z.B. nach bestimmten Ländern), ohne dabei zu berücksichtigen, nach welchen Standards die Daten erhoben wurden (verschiedene Länder haben verschiedene Standards, Mechanismen und Rahmenbedingungen), dann kommen auch stark unterschiedliche Ergebnisse heraus.
  • Statistiken, die nur die erkrankten oder hospitalisierten Fälle betrachten, verzerren das Bild: denn diejenigen, die wegen der Impfung nicht erkrankt sind, sind darin gar nicht erst erfasst.
  • Detail-Studien, die einzelne Aspekte von bestimmten Impfstoffen oder speziellen Erkrankungsmustern betrachten, sind zwar interessant, um Teile von Wirkmechanismen besser zu verstehen, sind jedoch nicht pauschal auf alle Impfstoffe und die Gesamtbevölkerung übertragbar.

Das Thema „Paleo“ heißt also nicht, dass man auf Teufel komm raus alternativ leben soll, z. B. wie ein Steinzeitmensch. Vielmehr bedeutet es, über die Mainstream-Studien, die stark von Statistik und ihren vielen Denk-Fallen gefärbt sind, hinweg zu schauen und dazu ein gesundes Verständnis aufzubauen, wie die Dinge wirklich funktionieren. Oft gibt uns die Evolution und die Menschheitsgeschichte bessere Antworten, aber manchmal, vor allem bei modernen Themen wie Impfungen ist es besser, fortschrittlich zu denken. Auch das ist Evolution.

Zum Schluss: in der EU haben wir jetzt eine Impfquote von 70 % erreicht. Laut aktuellem RKI-Bericht sind es in Deutschland jedoch nur 65,6 %.

Laut RKI-Bulletin brauchen wir mehr:

Um das Ausmaß einer vierten Welle so gering wie möglich zu halten, ist es notwendig, dass der Anteil der geimpften Bevölkerung schnellstmöglich erhöht wird, sodass ein vollständiger Impfschutz bei einer möglichst hohen Anzahl an Menschen besteht. Im Rahmen einer mit diesem Modell durchgeführten und früher publizierten Analyse ist hierfür eine Impfquote von 85 % in der Altersgruppe 12 bis 59 Jahre und eine Impfquote von 90 % bei Personen ≥ 60 Jahren notwendig.

Also: Geht Euch impfen, damit dieser COVID-Krampf bald ein Ende hat.


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Von Constantin Gonzalez am 05.09.2021, aktualisiert: 06.09.2021 in Allgemein.


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