Paleosophie | Tipps und Hintergründe für den zivilisierten Urmenschen | von Constantin Gonzalez

Tierisch gut: Omega-3-Fettsäuren

Sashimi

Dass Omega-3-Fettsäuren für die Gesundheit sehr wichtig sind, hat sich fast überall herumgesprochen.

Findige Verkäufer preisen daher verschiedene Pflanzenöle an, die einen hohen Omega-3-Gehalt haben sollen und verkaufen ihre Produkte daher als „besonders gesund“.

Tatsächlich lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Denn es gibt mehrere Sorten Omega-3 und die Herkunft – ob tierisch oder pflanzlich – spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Essenzielle Fettsäuren

Sie heißen essenzielle Fettsäuren, weil der Körper sie braucht, aber nicht selber herstellen kann: Die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren.

Beide Familien von Fettsäuren spielen wichtige Rollen im menschlichen Körper: Sie regeln Entzündungsprozesse, helfen bei der Übertragung biochemischer Signale, sind unverzichtbarer Bestandteil der Zellmembranen und spielen beim Aufbau von Hirn-, Nerven-, Herz- und Muskelgewebe eine wichtige Rolle.

Das folgende Schaubild zeigt, wie Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im Körper miteinander zusammenhängen: Der Körper kann diese Fettsäuren zwar nicht selber herstellen, er kann sie jedoch innerhalb gewisser Grenzen ineinander umwandeln.

Am Ende dieser Prozesse stehen verschiedene Familien von Stoffen, die wichtige Vorgänge im Körper regeln. Einige davon können Entzündungen begünstigen, andere können Entzündungen dämpfen. Details dazu findet man z. B. im Wikipedia-Artikel: Essential fatty acid interactions.

Omega 3 und Omega 6 Fettsäure-Metabolismus

Dass diese Fettsäuren essenziell sind heißt lediglich, dass sie mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Das heißt aber nicht, dass man diese Fettsäuren in großen Mengen braucht: Geringe Mengen reichen schon, um ihre wichtigen Rollen im menschlichen Körper auszuführen.

Viel hilft nicht viel, denn ein Übermaß von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (ganz gleich ob entzündungsfördernd oder nicht) kann problematisch sein.

Viel wichtiger als die Menge ist das Gleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren: Wie man im Schaubild sieht, konkurrieren beide Sorten nämlich um die Nutzung bestimmter Enzyme im Körper: Ein Überangebot der einen Sorte blockiert die Nutzung dieser Enzyme für die andere Sorte. Dann kommen wichtige Stoffwechsel-Prozesse aus dem Gleichgewicht, mit negativen Folgen für die Gesundheit.

Ungleichgewicht

Hier liegt ein zentrales Problem unserer modernen Ernährung: Das Omega-6- zu Omega-3-Verhältnis betrug bei der Ernährung des Urmenschen etwa 1 : 1. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Omega-6/Omega-3-Verhältnis von 1 : 1 bis 4 : 1 für den Menschen noch gesund ist.

In unserer konventionellen Ernährung beträgt dieses Verhältnis etwa 15 : 1. Wir nehmen also 15 Mal mehr Omega-6 als Omega-3 mit der Nahrung auf. Das ist fast 4 mal mehr als für uns gesund ist.

Dieses Ungleichgewicht begünstigt Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs sowie chronische Entzündungs- und Auto-Immunkrankheiten. In wissenschaftlichen Interventions-Studien hat man herausgefunden, dass sich viele dieser Krankheiten durch gezielte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren wieder lindern lassen. Das richtige Verhältnis zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren spielt also eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit [1].

Der Grund für dieses Ungleichgewicht: Omega-6-Fettsäuren kommen in der normalen Ernährung fast überall vor: Sie sind in Getreideprodukten, pflanzlichen Ölen, Fetten von Tieren, die mit Getreide gefüttert wurden sowie in Nüssen und Samen reichlich enthalten.

Omega-3-Fettsäuren sind dagegen seltener zu finden: Fische und Meeresfrüchte sind hier die Hauptlieferanten, Fette von Weide-Tieren sind noch ok. Das war’s dann auch.

Das folgende Diagramm zeigt die Verteilung von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren in tierischen Lebensmitteln:

Omega-3- und Omega-6-Gehalt von tierischen Nahrungsmitteln

Angaben in mg/100g. Omega-3: Hellblau, Omega-6: Dunkelblau.

Quelle: Healthy intakes of n-3 and n-6 fatty acids: estimations considering worldwide diversity..

Meerestiere sind hier die klaren Omega-3-Gewinner, da sie einen niedrigen Omega-6-Gehalt haben, dafür mit hohen Omega-3-Anteilen trumpfen. Das Omega-6/Omega-3-Verhältnis ist hier etwa 0,15 : 1 bis 0,5 : 1.

An Land sind Schafe, Ziegen und Rinder noch gut dabei, sie haben in etwa ein Omega-6/Omega-3-Verhältnis von 2,5 : 1.

Eier, Schweinefleisch und Geflügel dagegen schneiden weniger gut ab: Ihr Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 liegt bei 12-18 : 1.

Allein für sich genommen wäre das noch ok, vorausgesetzt man isst 2 – 3 mal Fisch pro Woche. Allerdings wurden in den letzten Jahrzehnten irrtümlich mehrfach ungesättigte Fettsäuren pauschal empfohlen, ohne zwischen Omega-3 und Omega-6 zu unterscheiden.

Vor allem Pflanzenöle und daraus hergestellte Produkte werden von Lebensmittel-Herstellern gerne als „besonders gesund“ vermarktet. Das hat das Omega-3/Omega-6-Gleichgewichts-Problem, wenn auch ungewollt, drastisch verschärft [3].

Hier sind ein paar pflanzliche Öle bzw. Butter im Vergleich:

Omega-6- und Omega-3-Gehalt von pflanzlichen Ölen und Butter

Angaben in mg/100g. Omega-3: Hellblau, Omega-6: Dunkelblau.

Quellen: Healthy intakes of n-3 and n-6 fatty acids: estimations considering worldwide diversity., Unknown title

Bei den klassischen Pflanzenölen wie Sonnenblumen- oder Maiskeimöl sieht’s bitter aus: Omega-3 ist kaum vorhanden, dafür große Mengen Omega-6.

Olivenöl kommt nur deswegen gut weg, weil insgesamt wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren darin enthalten sind.

Rapsöl und vor allem Leinöl fallen hier (vermeintlich) positiv auf: Da ist der Omega-3-Anteil beim Rapsöl recht hoch und überwiegt sogar bei Leinöl.

Ist das eine gute Lösung?

EPA, DHA und ALA

Die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren für die Gesundheit ist dank Werbung in öffentlichen Medien breit bekannt, allerdings gibt es verschiedene Arten von Omega-3 und nicht alle sind gleich wichtig:

Wie im Schaubild oben zu sehen, fängt die Kette der Omega-3-Familie bei der α-Linolensäure (ALA), die über Zwischenstufen in Eicosapentaensäure (EPA), Docosapentaensäure (DPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt wird.

Wirklich wichtig für den menschlichen Körper sind dabei nur die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). Nur diese Formen können ihre entzündungshemmende und regulierende Wirkung entfalten.

Die α-Linolensäure ist in diesem Spiel nur Ausgangsmaterial: Sie muss vom menschlichen Körper erst zu EPA und (über den Zwischenschritt DPA) zu DHA umgewandelt werden.

Diese Umwandlung ist ein ineffizienter Vorgang: Lediglich ca. 6 % der vom Körper aufgenommenen Menge ALA wird in EPA umgewandelt, die Umwandlungs-Quote von ALA nach DHA ist mit 3,8 % noch geringer. Sind gleichzeitig Omega-6-Fettsäuren in größeren Mengen vorhanden, sinkt die Konvertierungsquote wegen des Wettbewerbs um die Umwandlungs-Enzyme weiter auf etwa die Hälfte [5].

Omega-3-Fettsäuren sind daher nur dann für den Menschen besonders wertvoll, wenn sie in Form von EPA und DHA vorliegen. ALA ist deutlich weniger gut verwertbar.

Warum so viele Details?

Pflanzliche vs. tierische Omega-3-Quellen

Die besten pflanzlichen Quellen von Omega-3-Fettsäuren wie Leinöl oder (mit großem Abstand) Rapsöl liefern ausschließlich die schlecht verwertbare ALA-Variante.

Zusätzlich enthalten diese Öle oft auch größere Mengen von Omega-6-Fettsäuren, die den Umwandlungsprozess in EPA und DHA hemmen.

Auf dem Papier mag das Omega-3/Omega-6-Verhältnis noch ganz gut aussehen, multipliziert man jedoch den Omega-3-Anteil mit 3 % bzw. 1,9 %, um auf realistische EPA- und DHA-Werte für den menschlichen Metabolismus zu kommen, sieht man, dass diese Öle nicht wirklich zur Verbesserung des Omega- 3/Omega-6-Gleichgewichtes im Körper beitragen können:

Effektiver Omega-6- und Omega-3-Gehalt von pflanzlichen Ölen und Butter

Angaben in mg/100g. Omega-3: Hellblau, Omega-6: Dunkelblau.

Auf einmal sieht Leinöl nicht mehr so gesund aus: Die Omega-6-Fettsäuen überwiegen nun klar über den effektiv für den menschlichen Körper verfügbaren Omega-3-Fettsäuren. Hinzu kommt die Gefahr, dass das Öl durch längere Lagerung ranzig wird, denn mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind auch mehrfach instabil.

Omega-3: Besser von Fischen und Meeresfrüchten

Die besten Quellen von Omega-3-Fettsäuren bleiben also tierischen Ursprungs: Frischer, fetter, wild gefangener Fisch, wie z. B. Lachs oder Makrelen enthalten reichlich EPA und DHA, ohne dass der Körper sie erst umständlich und ineffizient aus dem „Rohstoff“ ALA herstellen muss.

Eier und Fleisch enthalten zwar mehr Omega-6-Fettsäuren als Omega-3-Fettsäuren, weisen aber vor allem bei natürlicher Fütterung und bei ausreichender Abwechslung insgesamt noch ein günstiges Fettsäure-Profil auf.

Wer gerne Eier isst, sollte darauf achten, Eier von frei laufenden Hühnern zu essen, die viel Zugang zu Insekten, Würmern und anderen natürlichen Nahrungsquellen hatten.

Vor allem beim Fleisch sollte auf natürliche Fütterung geachtet werden: Weiderinder und Butter von Weidekühen weisen ein viel günstigeres Omega-3/Omega-6-Verhältnis auf, als Produkte von Tieren aus konventioneller Haltung [6] [7].

Fazit

Ein ausgeglichenes Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren zu halten ist extrem wichtig und ein weiterer Grund, Getreide-Produkte und pflanzliche Öle (bis auf Olivenöl und Kokosöl) zu vermeiden.

Statt dessen ist es besser, reichlich wild gefangenen Fisch sowie Meeresfrüchte zu essen, um die Omega-3-Bilanz auf natürliche Weise aufzubessern. Wer nicht dazu kommt, kann versuchen, seinen Omega-3-Bedarf über Fischölkapseln aufzubessern – diese sollten dann aber unbedingt von hoher Qualität sein.

Bei Eiern und Fleisch sollte man darauf achten, dass die Tiere natürlich gefüttert wurden und nicht mit Soja oder Getreide, denn das ist auch für die Tiere kein biologisch korrektes Futter.

Insgesamt sollte man aber keine Panik aufkommen lassen: So lange man die größten Omega-6-Quellen wie pflanzliche Öle vermeidet ist man schon viel besser dran als Otto-Normal-Omega-6-Verbraucher. Und wenn man 2-3 mal die Woche Fisch in den Speiseplan einbaut, ist man oft auf der sicheren Seite.

Leinöl ist vielleicht besser als andere pflanzliche Öle, sollte aber auch nicht überbewertet werden.

Mit diesen einfachen Maßnahmen kann man das Omega-3/Omega-6-Gleichgewicht in die richtige Richtung rücken und damit einen wichtigen Beitrag für die eigene Gesundheit leisten.

Quellen

[1]
Simopoulos AP: The importance of the ratio of omega-6/omega-3 essential fatty acids., 2002
[2]
Hibbeln JR, Nieminen LR, Blasbalg TL, Riggs JA, Lands WE: Healthy intakes of n-3 and n-6 fatty acids: estimations considering worldwide diversity., 2006
[3]
DiNicolantonio JJ: The cardiometabolic consequences of replacing saturated fats with carbohydrates or Ω-6 polyunsaturated fats: Do the dietary guidelines have it wrong?, 2014
[4]
Unknown title
[5]
Gerster H: Can adults adequately convert alpha-linolenic acid (18:3n-3) to eicosapentaenoic acid (20:5n-3) and docosahexaenoic acid (22:6n-3)?, 1998
[6]
Ponnampalam EN, Mann NJ, Sinclair AJ: Effect of feeding systems on omega-3 fatty acids, conjugated linoleic acid and trans fatty acids in Australian beef cuts: potential impact on human health., 2006
[7]
Unknown title


Sashimi-Bild: Sashimi – Lachs – Fisch – Lebensmittel – Meeresfrüchte, von Pixabay-User Jason Goh, genutzt unter der Creative Commons CC0-Lizenz.

Omega-3 und Omega-6-Familien-Bild: EFA to Eicosanoids, von Wikimedia Commons-User David R. Throop, genutzt unter der Public Domain-Lizenz.

Von Constantin Gonzalez am 18.11.2015, aktualisiert: 19.12.2016 in Grundlagen.


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Mein Name ist Constantin, Informatiker und seit 2008 beschäftige ich mich intensiv mit Ernährung, Gesundheit und aktueller Forschung dazu.

Mit der Paleo-Ernährung (oder: „Paleo-Diät“) bin ich heute 18 kg leichter und fitter als je zuvor. Jetzt wandle ich mich vom Couch-Potato zum Athleten. Das hätte ich als klassischer „Geek“ nie gedacht!

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