Paleosophie | Tipps und Hintergründe für den zivilisierten Urmenschen | von Constantin Gonzalez

Überleben in der Zivilisation: Urlaubs-Buffets

Ein typisches Hotel-Buffet

Nach einer Urlaubs- und Jobwechsel-bedingten Sommerpause geht es jetzt weiter mit neuen Paleosophie-Posts.

Ein wenig Analyse von Feedback-Mails und Kommentaren zeigt mir, dass ein wichtiges Thema für Euch die Umsetzung der Paleo-Ernährung im (oder vielleicht gegen den?) modernen Alltag ist. Daher fang’ ich mal eine kleine Serie unter dem Motto Überleben in der Zivilisation an, in der es um die häufigsten Alltagsprobleme mit der Paleo-Ernährung geht. Fangen wir doch mit einem typischen Urlaubs-Thema an: Was mache ich im All-Inclusive Ferien-Hotel oder am Buffet des Business-Hotels, wenn ich nicht selber der Koch bin?

Jagen und Sammeln am Buffet

Hotel-Buffets müssen eine schwierige Aufgabe erfüllen: Sie sollen Gäste glücklich und satt machen, dabei das Hotel-Budget nicht zu stark strapazieren und am Ende sollten nicht zu viele Reste übrig bleiben, um nichts zu verschwenden. Oft schlagen sich solche Ziele in Angebot und Qualität nieder:

  • „Sättigungsbeilagen“ wie Nudeln, Pommes, Brot, Reis und Kartoffeln sind billig, bei Kindern und Erwachsenen beliebt und daher reichlich und prominent in Hotel-Buffets vertreten. Für den Paleo-Fan allerdings völlig wertlos.
  • Je nach Qualitäts-Anspruch und Buffet-Budget nutzen Hotelketten gerne Gelegenheiten, an unauffälliger Stelle zu sparen: Billiges Pflanzenöl zum Braten oder für Soßen und Salat-Dressings, paniertes Fleisch (Fischstäbchen, Wiener Schnitzel, Chicken-Nuggets) mit viel Panade und wenig Inhalt, Kaffee aus Konzentrat statt aus gemahlenen Bohnen, „Orangensaft“ aus Zuckerwasser mit Aroma oder die Reste vom Vortag als Auflauf, Suppe oder in gemischten Beilagen recycled. Solche mehr oder weniger krassen Kosten-Optimierungen sieht man leider immer wieder.
  • Frisches Fleisch, Obst und Gemüse kann erstaunlich selten im Buffet vertreten sein: Hier sind die Einkaufskosten höher und auch das Risiko, auf Resten sitzen zu bleiben ist für den Hotelier groß, daher ist es nur Konsequent, das Angebot hier zu beschränken.

Angesichts solcher Fallen gerät die Nahrungssuche für den Paleo-Urlauber zu einer wahren Herausforderung in Sachen Jagen und Sammeln am Buffet: Die Paleo-Ernährung ist zwar in der Theorie ganz einfach, aber was ist, wenn man keinen Einfluss auf die Zubereitung hat?

Es ist jedoch nicht alles verloren, wenn man im All-Inclusive-Urlaub der Paleo-Ernährung treu bleiben will: Mit etwas Geschick, Spürsinn und Erfahrung kann man auch hier gut essen und gesund bleiben. Mit folgenden Strategien hab’ ich z.B. im Juli meinen letzten Mallorca-Urlaub Ernährungs-technisch ungestört genossen, ohne daß Genuß, Wohlbefinden oder meine Waage am Ende was zu meckern hatten:

Sieben Tipps für das Überleben am Buffet

  • Getränke: Hier ist Wasser natürlich der beste Weg, da Zucker-haltige Softdrinks sowieso ein No-Go sind. Den Orangensaft zum Frühstück sollte man sich hier auch verkneifen: Oft ist der Saft mit Zucker vergiftet, mit Wasser gestreckt und unter phantasievollem Namen entstellt. Bei guten Hotels findet man mit ein wenig Glück und etwas abgelegen eine Station, in der tatsächlich frische Orangen gepreßt werden. Oder in denen man selber pressen muss: Hier kann man zwar zugreifen, doch echte Früchte sind besser. Auch beim Kaffee lohnt sich etwas Hartnäckigkeit: Gibt der Automat nur eine Konzentrat-Brühe her, lohnt es sich, den Kellner nach frischem, handgemachten Kaffee zu fragen. Oft ist das ebenfalls im Preis inbegriffen, aber angesichts des höheren Aufwandes nicht ganz offensichtlich. Abends bietet sich natürlich ein trockener Rotwein als gesunde Begleitung zum Dinner an. Glück hat man, wenn man in südlichen Ländern speist, da ist der Qualitätsstandard auch beim Standard-Tafelwein noch gut.
  • Frühstück: Wenn man einen großen Bogen um Brot, Croissants, Müsli, Cerealien und Milch gemacht hat, stößt man am Frühstücksbuffet auf wahre Perlen der Paleo-Ernährung: Rührei, gekochte Eier, Speck, gebratene Champignons, Omelettes, Lachs, Schinken und frische Früchte oder Fruchtsalat bieten viele Möglichkeiten, den Urlaubstag mit einem schmackhaften, abwechslungsreichen und Paleo-konformen Frühstück zu beginnen. Tatsächlich ist das Frühstücks-Buffet eine der großen Vorteile für den Paleo-Urlauber: Lecker frühstücken, ohne dass man dafür extra was zubereiten muss!
  • Vorspeisen und Salate: Auch bei Vorspeisen und Salaten wird man oft fündig: Blattsalate, Tomaten und andere Gemüse sind oft frisch und in guter Auswahl am Urlaubs-Buffet verfügbar. Auch gegrilltes Gemüse und Rohkost lädt zur Paleo-Vorspeise ein. Vorsicht: Beim Dressing weiss man nie genau, was drin ist, lieber den Salat selber mit Olivenöl und Balsamico-Essig anmachen. Dabei sollte das Öl „Extra Vergine“ oder „kaltgepreßt“ sein, dann wurden seine Fettsäuren nicht übermäßig durch den industriellen Herstellungs-Prozess strapaziert.
  • Fleisch: Die allermeisten Buffets haben eine Grill-Ecke und das ist natürlich die erste Adresse für den hungrigen Urmenschen im Urlaub. Hier ist die Schlange etwas länger, aber es lohnt sich: Fast immer wurde ich hier fündig und kam mit Koteletts, gebratenem Lachs, Tintenfisch, Steaks, Braten und anderen Leckereien wieder. Vorsicht: Oft wird hier mit billigem Öl gebraten und das sollte man beim Essen unauffällig abtropfen lassen. Dafür kann man bei der Kräuterbutter, die oft angeboten wird, doppelt zuschlagen, denn Butter ist gutes Fett. Manche Buffets bieten als Attraktion frisch gebratene Burger an. Das ist prinzipiell eine gute Idee (wenn man das Brot weglässt), aber manche Burger-Bratlinge enthalten Brot oder Mehl als Bindemittel, hier sollte man den Koch fragen, ob es sich wirklich um 100%-iges Fleisch handelt.
  • Beilagen: Hier wird die Lage oft schwierig. Sicher, ein Salat passt immer und für die Sättigungsbeilagen (die nicht sättigen, sondern im Gegenteil hungriger machen) ist man eh schon blind. Doch was kann man noch essen? Glück hat man, wenn man gedünstetes Gemüse findet, wie z.B. Broccoli, Zucchini, Auberginen oder Pilze. Soßen sollte man dagegen meiden: Man weiß nie, was drin ist und gerne wird z.B. Weizenmehl zum Binden genommen. Ebenso sind „Fertiggerichte“ suspekt, bei denen man die Zutaten nicht erkennen kann, wie Ragout, Geschnetzeltes oder Eintöpfe.
  • Glutenfrei: Manche Hotels gehen mit der Zeit und zeichnen bestimmte Speisen als „glutenfrei“ aus. Das ist z.B. nützlich, wenn man sich fragt, ob das Geschnetzelte in Sahnesoße wirklich nur Sahne enthält oder wenn man wie vorhin erwähnt seine Zweifel an der Zusammensetzung von Burger, Frikadellen oder Würstchen hat. „Glutenfrei“ ist aber nicht gleich „Paleo“, daher würde ich mich auch hier eher auf die Speisen konzentrieren, deren Zutaten man leicht erkennen kann. Wer weiß, vielleicht wird ja in 5-10 Jahren der Begriff „Paleo“ Mode und man kann dann im Urlaub dem Steinzeitkoch bei der Zubereitung leckerer Paleo-Speisen am Aktions-Buffet zugucken?
  • Nachtisch: Es ist nicht leicht, einen Nachtisch ohne Zucker und Mehl zu finden. Da bleiben in der Regel nur Früchte übrig. Macht aber nichts: Dafür kann man ein zweites mal zur Grill-Ecke pilgern und sich noch einmal dort umgucken…

Ihr seht: Mit etwas kritischem Blick und Sinn für die Zutaten findet man sich auch am Hotel-Buffet zurecht. Will man es im Urlaub dagegen nicht so genau nehmen und mal die ein oder andere Ausnahme durchgehen lassen, dann lohnt es sich, auch hier wählerisch zu sein:

Fünf Ausnahmen, die man durchgehen lassen kann

  • Ketchup: Wer sein Fleisch nicht immer nur mit Kräuterbutter und Senf würzen will, der kann ab und zu ausnahmsweise auch Ketchup vertragen. In Ketchup ist zwar nicht wenig Zucker drin, dafür isst man in der Regel gleichzeitig Salat und Gemüse mit, so dass Mikroorganismen im Darm einen Teil des Zuckers unschädlich machen können. Das Lykopin, also der rote Tomatenfarbstoff dagegen ist sehr nützlich: Es hilft dem Körper, bestimmte Giftstoffe unschädlich zu machen, die sich z.B. in angebranntem Grillgut bilden können.
  • Kartoffeln und Reis: Will man, z.B. aufgrund sozialen Drucks eher konventionell futternder Verwandten sich bei den Sättigungsbeilagen keine Blöße geben („nu iss doch mal was vernünftiges, damit Du zu Kräften kommst!“), dann sind Kartoffeln und weißer Reis die geringsten Übel. Dabei handelt es sich um sogenannte „harmlose Stärke“, also Kohlenhydrate, die keine weiteren schädlichen Stoffe enthalten und von moderneren Paleo-Experten wie z.B. Paul Jaminet als gangbarer Weg betrachtet werden. Mit einer kleinen Handvoll pro Mahlzeit bleibt man noch im Rahmen der richtigen Kohlenhydrat-Menge.
  • Sahne: Milch ist ein umstrittenes Lebensmittel und in der Paleo-Ernährung nicht gern gesehen. Sahne dagegen besteht zum größten Teil aus dem Fett der Milch und ist daher nur minimal mit problematischen Stoffen, wie Casein und Hormonen, etc. belastet. Und so kann man sich beim Nachtisch auch eine Portion Erdbeeren mit Sahne gönnen, oder unter fragenden Blicken den Kellner zum Frühstück nach einer Tasse Kaffee mit Schlagsahne fragen.
  • Dunkle Schokolade: A propos Nachtisch: Wer sich am Dessert-Buffet nicht auf Früchte beschränken will, der kann nach einer dunklen Mousse au Chocolat Ausschau halten. Gute Varianten bestehen nur aus Kakao, Ei, Sahne und Zucker und mit etwas Glück war der Koch ein Anhänger dunkler Schokolade, so daß der Zucker-Anteil sich in Grenzen hält. Dafür bietet dunkle Schokolade dem Körper zahlreiche wertvolle Inhaltsstoffe, die sich gut auf die Gesundheit auswirken können. Dunkle Schokolade ist auch meine bevorzugte Eissorte, wenn ich mich aufgrund gesellschaftlicher Konventionen am Eisstand „opfern“ muss.
  • Käse: Auch wenn Milchprodukte in der Paleo-Ernährung verpönt sind, so gibt es speziell im Ausland häufig ein gutes Käse-Buffet, das zum Ausprobieren einlädt. Ein guter Kompromiss sind Käsesorten, die aus Rohmilch hergestellt wurden, vorzugsweise von Ziegen oder Schafen (um problematische Casein-Sorten aus der Kuhmilch zu vermeiden) und die schon sehr gut gereift sind: Hier wurde die Milch von Mikroorganismen quasi „vorverdaut“ und daher für den Körper besser verträglich gemacht. Diese Kulturen sind oft auch eine wertvolle Ergänzung für die eigene Darmflora, so daß bei guten Käsesorten die Vorteile klar überwiegen können.

Ab in den Urlaub! (Oder in die Geschäftsreise)

Mit etwas Übung und ein wenig Analyse kann also auch aus einem durchschnittlichen Hotel-Buffet im Urlaub oder auf Geschäftsreisen durchaus eine gute Paleo-Versorgung gewonnen werden. In diesem Sinne wünsche ich Euch einen schönen Urlaub, oder eine erfolgreiche Geschäftsreise!

Welche Erfahrungen habt Ihr auf Reisen mit Hotel-Buffets gemacht? Wo habt Ihr Eure eigenen Paleo-Perlen in der Massen-Gastronomie gefunden und welche Tipps habt Ihr für Euch gesammelt? Wo würdet Ihr sonst noch Ausnahmen durchgehen lassen, die den Schaden minimieren und die Reise durch die Zivilisation erleichtern können? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Erfahrungen mit anderen Lesern!

Von Constantin Gonzalez am 04.08.2012, aktualisiert: 19.12.2016 in Allgemein.


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Mein Name ist Constantin, Informatiker und seit 2008 beschäftige ich mich intensiv mit Ernährung, Gesundheit und aktueller Forschung dazu.

Mit der Paleo-Ernährung (oder: „Paleo-Diät“) bin ich heute 18 kg leichter und fitter als je zuvor. Jetzt wandle ich mich vom Couch-Potato zum Athleten. Das hätte ich als klassischer „Geek“ nie gedacht!

In Paleosophie geht es um Paleo-Ernährung, was dahinter steckt, wie sie funktioniert und um immer neue Möglichkeiten, das Beste aus Deinen Genen zu machen. Mehr…

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